11 Fragen an: Chris Goertz
“11 Fragen an:” – So lautet der Titel unserer neuen Interview-Reihe, bei der wir aktuell 11 Fragen an Influencer, Content Kreatoren und interessante Persönlichkeiten aus der Industrie stellen.
Begonnen haben wir mit diesen Interviews bereits in den Jahren 2012 und 2013. Aus dieser Zeit stammt auch das nachfolgende Interview mit unserem Kollegen Chris Goertz, der seit November ein fester Teil des Ranieri-Teams ist. 2012 hatte Chris sein Blog hypesRus.com bereits sieben Jahre online und erzählt bei der Beantwortung unserer Fragen, von der Zusammenarbeit mit Unternehmen und Agenturen und darüber, wo er sich selber sieht und seine Seite einordnet.
Ein spannender und auch amüsanter Blick zurück. In eine Zeit in der Social Media zwar in ersten Ansätzen vorhanden war, Firmen und Agenturen aber fast ausschließlich mit Bloggern zusammenarbeiteten.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen.
1. Werden Sie von Unternehmen regelmäßig im Rahmen von Blogger Relations angesprochen?
Ja, recht häufig sogar. Oft sind das sogar Unternehmen, die wir sowieso im Auge haben und über deren Produkte wir auch immer wieder mal berichten. Die Themen, die uns angeboten werden, die Produkte, die wir testen oder vorstellen sollen, müssen zu uns passen – sonst geht es nicht. Wir würden kein gutes Bild abgeben, würden wir uns eine Meinung über etwas erlauben, von dem wir keinen Plan haben. In solchen Fällen berichten wir nur neutral oder lassen die Themen raus. Da wir seit 2005 in diesem Blog-Spiel aktiv sind, ist es interessant zu sehen, wie das Thema „Blogger Relations“ zugenommen hat, wie die Unternehmen sich da jetzt reinhängen und sich Mühe geben. Richtig so! Denn eine gut gemachte Aktion mit passenden Bloggern kostet wahrscheinlich weniger als eine prominente Anzeigenschaltung oder sonst eine große Werbeaktion – erreicht aber jede Menge mehr Leute.
2. Welche persönlichen Erfahrungswerte gibt es im Umgang und der Zusammenarbeit mit Unternehmen?
Wie schon gesagt: 2005 waren Blogs für niemanden interessant. Nur wenige Unternehmen, wie z.B. Microsoft Xbox und ihre Agentur hatten ein offenes Ohr für uns. Blogs wurden als „private Spielerei“ oder „irgend so ein Geschreibe im Netz“ abgetan. Kontakt wurde zu uns damals nie. Wir mussten aktiv auf die Marken und Unternehmen zugehen – und wurden oft nur müde belächelt. Heute – ein paar Pageranks und tausende tägliche Besucher später – sind es manchmal genau diese Unternehmen, die ihr Verhalten von damals bereuen – oder auch nichts mehr davon hören wollen, dass sie sich so benommen haben. Es wird schnell klar, dass die Unternehmen uns Blogger, die Pioniere dieser Art von Berichterstattung in Deutschland, also die Online-Prominenten (so wurde ich mal betitelt) brauchen. Denn wir haben die Reichweite, kennen unsere Leser, agieren und kommunizieren mit ihnen – schnell, unkompliziert und interessiert. Das ist für viele Leser, besonders aus Deutschland, die bei uns Themen aus der ganzen Welt finden, genau das Richtige. Da antwortet jemand, da erklärt mir jemand etwas … und ich bekomme auch Feedback auf meine Meinung. Darum sind Blogs und alle Variationen des Bloggens so spannend und – so wichtig.
3. Was ist der größte Fehler von Unternehmen im Umgang und Dialog mit Bloggern?
Wenn ein Blogger ein Thema vorschlägt, von dem er denkt, dass es für seine Leser und damit auch einen großen Teil der Zielgruppe im Netz interessant sein dürfte, sollte das honoriert werden. Denn solch eine Beratung lassen sich Agenturen oft mit viel Geld bezahlen. Wer dann so schlau ist, seine Agentur oder das hauseigene PR-Team auf den Kollegen anzusetzen und mit ihm zusammen eine schicke Aktion zu basteln, der hat verstanden, wie das heutzutage im Netz funktioniert. Wer die Leute wegschickt, da ihm ein Testgerät oder auch die Bezahlung der erbrachten Arbeit zu teuer ist, der sollte sich darauf gefasst machen, dass er irgendwann kaum eine Chance mehr hat, das Verpasste wieder aufzuholen.
4. Wenn Sie Unternehmensvertreter wären: Was würden Sie tun, um die Zusammenarbeit zwischen Bloggern und Unternehmen weiter zu stärken?
Ich würde – so wie es einige große Sportartikelhersteller aktuelle tun – Menschen mit dem Thema betrauen, die sich mit Bloggern austauschen, sie ernst nehmen und die „Blogger Relations“ festigen. Miteinander arbeiten, dem Blogger entgegenkommen und Möglichkeiten bieten – und im Gegenzug von ihm, seiner Arbeit und der Partnerschaft lernen bzw. sogar profitieren.
5. Wie sollte die Ansprache aussehen? Worauf ist besonders von Unternehmensseite aus zu achten, wenn mit Blogger Relations gestartet werden soll?
Es muss jemanden geben, der Lust auf das Thema hat. Jemanden, der engagiert ist, der mitdenkt und dem man das nicht noch auf seine Job-Beschreibung gepackt hat, obwohl er der völlig falsche Mensch dafür ist. Je nachdem wie groß das Unternehmen ist, sollte es tatsächlich jemanden geben, der die Zusammenarbeit mit den rein online arbeitenden Medien – also auch Online-Journalisten und Bloggern ausbaut, koordiniert … und betreut. Denn es gibt nichts Schlimmeres als den stetigen Wechsel von Ansprechpartnern.
6. Der größte Segen der Einbindung von Blogger Relations in die Kommunikation ist meiner Meinung nach…
Schneller Zugriff auf gute und wichtige Informationen, regelmäßig die Möglichkeit, Geräte oder Produkte zu testen – oft genauso schnell wie Fachmagazine oder zumindest direkt danach. Auch die Möglichkeit der Kommunikation mit dem Unternehmen – entweder über den Blogger Relations – Beauftragten oder die betreuende Agentur – ist für Blogger wichtig. Denn zu oft endet ein interessierter Anruf bei einer desinteressierten Dame in der Telefonzentrale, die dann würfelt, wer eventuell im Unternehmen gerade Lust hat, sich mit dem Typen am Telefon zu unterhalten.
7. Der größte Fluch der Einbindung von Blogger Relations in die Kommunikation ist meiner Meinung nach…
Kann ich aktuell keine nennen. Ich empfinde das stetig wachsende Interesse als sehr positiv. Auch habe ich schon mit vielen Personen von einigen großen Unternehmen und Agenturen gesprochen, die ganz klar sagen, dass man mit dem Anzeigen-Budget für 1-2 große Anzeigen in einem Fachmagazin locker mehrere Blogger über Monate betreuen kann und das Unternehmen diese Möglichkeit natürlich in Erwägung ziehen.
8. Was halten Sie für die größte Errungenschaft der Blogger? Was haben Blogs in Ihren Augen erreicht?
Ich beantworte diese Frage aus meinem Blickwinkel auf meine Arbeit und das, was ich hier mit meinem Team geschaffen habe. Wir arbeiten jeden Tag, schnell, interessiert und lieben das, was wir hier tun. Wir sind keine Angestellten in einer Redaktion, die nach acht Stunden auf die Uhr schauen. Wir sind Teil eines Teams, dass auch auf Facebook mit einer eigenen Gruppe vertreten ist, sich auf Messen trifft und privat füreinander da ist. Mein Team ist überall in Deutschland verstreut, aber ich kann mich fast täglich auf die Mädels und Jungs verlassen, dass sie immer die Augen aufhalten und dazu beitragen, dass meine Blogs immer die interessantesten News online haben. Dabei liegt der Fokus nicht immer auf schnell und tagesaktuell, sondern oft auch auf „Mischung“ – denn bei uns sollen alle Leser auf der Startseite immer von allem etwas finden. Bekleidung und Schuhe, Technik, den neuesten Kinotrailer oder das was LEGO in Kürze in den Handel bringt. Und das bringen wir täglich auf die Seite. Redaktionssitzungen – wenn man es so nennen möchte – finden via Google Hang Outs oder Skype statt. Wir nehmen uns zudem nicht so wichtig, wie es andere Personen in diesem Spiel tun. Dennoch wissen wir, wer wir sind, was wir erreicht haben … und auch, dass wir noch online sein werden, wenn die „Konkurrenz“ schon abgeschaltet hat.
9. Wo sehen Sie die Blogosphäre in Bezug auf Reichweite und Einfluss in 1-3 Jahren in Deutschland?
Es wird dann wohl noch mehr Selbstdarsteller geben, die ein Blog schreiben. Außerdem hoffentlich mehr echte Blogger, denen das Thema, über das sie schreiben, sehr am Herzen liegt und denen alles andere erst einmal weniger wichtig ist. Denn das ist der Prototyp des Bloggers. Jemand, der Herzblut und Energie in etwas investiert und sich Mühe gibt. Außerdem wird es – soweit ich das überblicken kann – auch noch einige gute Blog-Magazine geben, die eine ordentliche Reichweite und eine interessante Leserschaft vorweisen können.
10. Was möchten Sie Unternehmensvertretern gerne mit auf den Weg geben?
Viele Blogger sind keine selbst ernannten Freizeit-Journalisten, die sich abends über die Kontakte zu Unternehmen kostenlose Geräte und andere Vergünstigungen erschnorren wollen. Wir sind „digital natives“, die online leben und häufig eine gewisse Expertise vorzuweisen haben. Hier ist natürlich eine Recherche notwendig, welcher Blogger überhaupt zu ihrem Unternehmen passt. Aber einige dieser Blogger erreichen mit ihren Blogs nachweisbar mehr Menschen als es jede Anzeige in einem Fachmagazin jemals könnte – egal bei welcher Auflage. Punkt. Alleine dieser Umstand sollte das Thema in jedem Unternehmen, welches Produkte und Dienstleistungen bewerben möchte, auf die Tagesordnung.