Marc Hype ist in seiner Welt und der Musikszene Deutschlands kein Unbekannter. Wer sich auch nur ein wenig ernsthaft mit der HipHop-Kultur und den verschiedenen Spielarten dieses Musikgenres beschäftigt, wird irgendwann unweigerlich bei Marc und all dem ankommen, was er in den letzten knapp 30 Jahren so getrieben hat. Der Mann ist DJ – kann also stilvoll Musik auflegen – und Turntablist, also Battle-DJ, der bei vielen offiziellen Competitions auf der ganzen Welt als Sieger von der Bühne ging. Unter anderem als deutscher Meister in den Jahren 1998 und 1999. Der Mann weiß einfach mit Musik umzugehen. Dazu kommt, dass er seit Jahren schon als ausführender Produzent für jede Menge guter Musik verantwortlich ist.
Sein 2003 erschienenes Debut Album “1973 * Recon“ erhielt nicht umsonst die begehrte Auszeichnung “Album des Monats“ des bis heute relevanten JUICE Magazins aus München. Ich kenne Marc bereits seit wirklich vielen Jahren und es ist mir eine Freude, ihn als ersten Interview-Gast auf Social Things zu seiner Karriere und seinen kommenden Projekten befragen zu dürfen. Am spannendsten für mich aber war, wie Marc und seine Crew die Corona-Pandemie als Chance begriffen und während der diversen Lockdowns sehr viel richtig gemacht hat.
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Wer bist Du, woher kommst Du und was sollte man sonst noch über Dich persönlich wissen?
Ich bin Marc Hype aus Berlin, DJ seit 1988, Producer, Promoter, Sammler von Vinyl, Tapes, 80s Electronic Games, Star Wars & Hip Hop Toys und Memorabilia, Cazal Brillen, Sneaker, Filme & DJ-Gadgets aller Art.
Erzähl uns von Deiner Karriere, Deinen Projekten und deiner Arbeit als DJ – gerne auch aus der Zeit vor 2020.
Das könnte etwas dauern… Erstkontakt mit Hip Hop durch den Film Wild Style, 1983 im ZDF. Wohlgemerkt drei Wochen nach US-Kinostart im Alter von 10 Jahren. Nach Versuchen im Breakdancing, dem Breaking, und einer kurzweiligen Graffitizeit habe ich mich dann aber voll aufs DJing konzentriert. Meine ersten Vinylreleases als Produzent folgten dann ab 1993 mit meiner damaligen Crew Cheeba Garden. Ab Mitte der 90er folgte dann eine Zeit in der ich mich voll und ganz aufs DJing bzw das Battle DJing/Turntablism konzentriert habe. Damals habe ich u.a. die German ITF DJ Championships 98 und 99 gewonnen, bin bei den Weltmeisterschaften in Amsterdam, Tokyo und Hawaii angetreten und habe jahrelang die Organisation der deutschen ITF Events als Berater begleitet.
2003 erschien dann mein erstes Soloalbum “1973*Recon” mit Gästen wie Masta Ace, Souls of Mischief, Mr Lif, Zion I & den Beat Junkies. Das war auf dem Label Masters on Broadway unseres gemeinsamen Freundes Sven “Katmando” Christ, der ja auch das JUICE Magazin zu verantworten hat. Mit ihm habe ich dann 2 Mix-CDs mit deutschem Funk & Soul rausgebracht, was damals komplett neu war. Auf den verschiedenen Tourneen und bei Events bin ich dann irgendwann auf meinen Partner in Crime, den begnadeten Konzertpianisten, Jim Dunloop gestossen und habe mit ihm als Club-Duo die Welt bereist. Von Australien über Israel, Russland, China, durch ganz Südostasien bis nach Indien. 2009 kam unser Album “Stamp out Reality” auf MPM Records heraus. Mit Gästen wie Blowfly, Mr Complex, Flomega, Malena Perez & Lady Daisy. Die Coverversion von Babe Ruths “The Mexican” war bis dato unser grösster Hit und läuft heute noch auf unzähligen B-Boy Jams.
2012 ging es dann zurück zum Vinyl an die Schallplattenspieler. Ich wurde immer mehr süchtig nach 45ern, nach Singles quasi. 2014 haben Naughty NMX, Runex & Jim Sharp und ich dann das “45 Vinyl only” Label Dusty Donuts gegründet. Mit unseren Veröffentlichungen, Streaming-Shows, Partykonzepten und Kooperationen haben wir die weltweite und aufstrebende 45er Szene sehr stark geprägt. Ich lege seit 10 Jahren quasi fast nur noch 45s auf, weltweit, egal ob im kleinen Clubs oder auf großen Festivals.
Wer sind Deine Vorbilder? Musikalisch und auch sonst so?
Aus der Sicht eines DJs sind hier Blueprints wie z.B. Jam Master Jay, Jazzy Jeff, Cash Money, DJ Shadow, Cut Chemist oder Q-Bert zu nennen. Die Liste ist ziemlich lang und könnte ewig fortgeführt werden, doch diese sehr kurze Liste fasst es recht gut zusammen. Ansonsten bewundere ich grundsätzlich Persönlichkeiten, die an ihre Ziele geglaubt und diese auch konsequent umgesetzt und damit am Ende sogar andere Menschen inspiriert haben, egal welche Hürden ihnen dabei im Weg standen.
Die Corona-Pandemie hat es vielen Künstlern schwer gemacht. Wie hast Du Dich damit arrangiert?
Ich habe auf einen durchgeplanten “Workaholic Kurs” gesetzt. Durch die Neustarthilfen und diverse Fördertöpfe/Stipendien ging das ganz gut und ich hatte genug Zeit viel Neues auszuprobieren bzw. umzusetzen. Im Streaming-Bereich habe ich einige interessante internationale Projekte entwickelt und war die ganze Zeit über online sehr präsent. Leider haben Pandemie bedingte Staus in den Vinyl-Preswerken unsere geplanten Veröffentlichungen aus dieser Zeit etwas nach hinten verschoben.
Erzähl uns von Deinen diversen Shows bzw. Projekten, die Du nun online anbietest.
Aktuell sind es drei verschiedene Shows auf Twitch und Facebook Live. Einen Monat nach dem ersten Lockdown haben wir Wednesdays on Wax gestartet, quasi ein internationaler DJ/Produzenten Nerdtalk im Splitscreen, wobei beide Seiten während der Show jeweils 7 Schallplatten anspielen. Während des Twitch Booms überlegte ich mir immer mehr Show-Konzepte, wie Dig Deeper, High Score oder Dusty Riddims, ein sonntägliches Reggae Medley mit internationalen Soundsystems als Gästen. Mein ganz eigenes Lieblingsprojekt, wozu wir jetzt auch ein Unterlabel gegründet haben, ist jedoch Needle Drops. Hierbei treffen sich vier DJs gleichzeitig auf dem Screen, teilweise verteilt auf der ganzen Welt und präsentieren bzw. diskutieren DJ Sets, bestehend aus sieben 45er Singles, zu abstrakten Themen wie “Cook a seven-course dinner”, “Hit the Route 66”, “Galaxy Quest” oder auch “A night in NYC 1982”. Das ist mit Abstand das fordernste Format weltweit. Wir bekommen auch langsam Probleme fähige DJs zu finden. Man braucht halt gute DJ Skills, eine Menge Kreativität, eine relativ grosse und diverse Vinylsammlung & Streaming Equipment der besseren Art. Deswegen kann solch ein Format auch nur einmal im Monat stattfinden. Ich produziere das zusammen mit DJ Robert Smith & Stinoe. Das Ganze ist wirklich ein besonderes Projekt, das uns viel abverlangt. Denn neben den ganzen Anfragen und Mails, der technischen Organisation und dem Wahnsinn auf Social-Media müssen wir ja auch noch auf Augenhöhe mit unseren Gästen bleiben, unsere Sets vorbereiten und genug Zeit in die Vorbereitung investieren. Auch die diversen Produkte in unserem neuen Online-Shop wollen gestaltet und produziert werden, wie z.B. der erste Vinyl Release mit den Jungs Posse Ugly Duckling.
Wirst Du das Live-Streaming über Twitch beibehalten, wenn Corona irgendwann einmal kein Thema mehr ist, das Lockdowns oder andere Einschränkungen nötig macht?
Was uns das Streaming, neben einer konstanten internationalen Präsenz, gebracht hat, sind vor allem die internationalen Connections die wir neu schließen oder noch intensivieren konnten. Es gab online Wiedersehen mit vielen alten und neuen Freunden aus aller Welt. Etwas, dass wir anfangs gar nicht bedacht haben und was uns später aber als eine wahre Bereicherung erschien. Es ergaben sich erste Bookings und spannende Produktionskooperationen entstanden. Etwas, das sonst vielleicht passiert wäre. Die weltweite 45er Szene ist nicht riesig, aber äusserst abwechslungsreich aufgestellt. Es ist so ein wenig wie früher, als man in jeder Stadt auf der Welt mindestens einen Typen finden konnte, der genauso drauf war wie man selber und der einen mit den lokalen Netzwerken in Kontakt brachte. Genau dahin hat sich das jetzt bei uns DJs durch Twitch entwickelt. Überhaupt haben sich gerade auf Twitch sehr viele DJs zusammen geschlossen. Es finden täglich spannende Events (Raids) in allen möglichen Genres statt, bei denen jede Menge DJs stundenweise auflegen und dann zu dem Account des nächsten DJs gewechselt wird, um jeden zu supporten.
Spielst Du Computer- oder Videospiele? Wenn ja, welche und wie sieht Dein Gaming-Setup aus bzw. welche Konsole nutzt Du?
Ich bin eher ein Vintage-Zocker, ein Casual Gamer wie man heute sagen würde, und stolzer Besitzer einer Vectrex Konsole aus dem Jahr 1982. Mit allen Spielen und jeglichem Zubehör aus der Zeit. Ebenso habe ich ne Menge Tabletops, so kleine Tischspielautomaten für’s Wohnzimmer und natürlich Handhelds. Alte Schule, eben.
Crypto Währungen, NFTs oder das Metaverse – kannst Du mit diesen Begriffen etwas anfangen? Und wenn ja, was verbindest Du damit?
Alles äusserst spannende Themen, auch wenn teilweise noch nicht wirklich absehbar ist, wie weit das später alles beeinflussen wird. Cryptos werden sich definitiv weiter etablieren und auch als Zahlungsmittel relevanter werden. Wenn man sich die Negativzinspolitik der Banken anschaut, dann sollte man langsam ernsthaft überlegen, trotz der hohen Volatilität, sein Vermögen, zumindestens teilweise, auf Cryptos umzushiften. Bei NFTs versuche ich noch die eigentliche Funktionsweise/Wertigkeitsgründe zu verstehen, aber es ist jetzt schon klar, das die gesamte Blockchaintechnik eigentlich alles revolutionieren wird. Das Metaverse sehe ich eher skeptisch. Wir sind sowieso schon viel zu viel online und sollten uns ruhig mal wieder etwas mehr Natur antun anstatt unser Leben komplett digital werden zu lassen.
Wer Dir auf Social Media folgt, der kommt fast täglich in den Genuss sehr cooler, lustiger und nerdiger Memes – was ist da passiert?
Haha. Tja. Die weltweiten Lockdowns haben den Meme-Output um ein Vielfaches multipliziert und ich fand das irgendwie lustig, das immer mehr in den Instagram-Stories zu droppen und dann auf Facebook zu teilen. Ist auch irgendwie spannender als der Welt jede meiner Tagesaktivitäten zu präsentieren. Ich bekam relativ schnell viel Lob dafür, dass ich die Leute bis heute täglich zum Lachen bringen und ihren Quarantäne-Alltag somit ein wenig erheitern würde. Ein schönes Feedback. Irgendwie blieb es dabei. Seit zwei Jahren gibt es nun schon täglich jede Menge Memes, viel DJ/Hip Hop Kram, Science Fiction/Movie Zeugs und tagesaktuelle Parodien auf meinen Kanälen. Ich komme da irgendwie nicht mehr von los. Knapp 3000 Views bekommt jeder meiner Story-Posts.
Star Wars oder Star Trek?
Ist das eine ernst gemeinte Frage? Haha. Star Trek hat schon was, aber ich bin Star Wars Fan for life!
Das coolste Mixtape bzw. der coolste Mix ist aktuell ist welcher – und wo findet man ihn im Netz?
Puh, das immer schwer zu beantworten. Bin grosser Fan der Soul Brigada Mixe auf Soundcloud und eh von so Topic Mixen. Ich bin eigentlich auch mit meinem Soundcloud Account ziemlich zufrieden. 🙂
Dein liebstes Gadget – abseits der Plattenteller?
Das ist tatsächlich mein Phone. Damit erstelle ich jede Menge Dinge täglich und organisiere mit ihm meinen Alltag. Mein neustes Lieblingsgadget allerdings ist die Air Selfie 2, eine Kameradrohne im Taschenformat für schnelle Aufnahmen aus der Luft.
Gibt es in Zukunft neue Projekte von Dir?
Es ist immer viel geplant, manches kommt schneller voran, manches zieht sich ewig. Ich arbeite mit Jim Dunloop an einem neuen Modern Funk Projekt, mit Jelly von First Touch plane ich auch gerade etwas. Außerdem wird es – wie schon erwähnt – neue Releases unserer Projekte Dusty Donuts und Needle Drops geben. Alles Weitere ergibt sich erst, wenn man wirklich wieder sicher planen kann
Stream now:
Marc Hype & Dj Robert Smith ft. Maxwell Smart live at Vola Open Air 2021
Marc Hype at #45 Day 2021
Chris Goertz (Content & Influencer Specialist)
Chris produziert Content seit den späten 90ern, hat die (deutsche) Musikkultur visuell dokumentiert und auch beim Musikfernsehen, bei NBC Giga und für Peter Gabriel gearbeitet, war schon Influencer, bevor es das Wort gab, und mit Projekten wie hypesRus.com Blogger bevor es uncool wurde, nur Geschichten zu erzählen. Er mag Turnschuhe, Streetwear, urbane Kunst, Musik von damals und die, die nach damals klingt, jede Form von Gadgets und Zeit am Meer zu verbringen. Chris ist seit Ende 2021 als Content & Influencer Specialist Teil der Ranieri Agency Familie.